Arbeitslosigkeit und Arbeitslosenversicherung

Arbeitslos, aber nicht mittelos

Hilfe ist gesichert

Wer von Arbeitsausfall betroffen ist oder arbeitslos wird, dem greift der Sozialstaat unter die Arme. Die Arbeitsförderung, deren wichtigster Bestandteil die Arbeitslosenversicherung ist, finanziert das Arbeitslosengeld, aber auch das Kurzarbeitergeld und viele weitere Leistungen zur Integration in den Arbeitsmarkt. Personen, die keinen Anspruch auf Leistungen der Arbeitsförderung haben, können Leistungen im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beantragen.

Die Arbeitsförderung einschließlich der Arbeitslosenversicherung und die Grundsicherung für Arbeitsuchende helfen nicht nur bei der Vermittlung in Arbeit, sondern erhöhen zudem mit Fortbildungen und Qualifizierungskursen die Chancen auf einen neuen Job. Denn das Ziel der Arbeitsmarktpolitik ist es, Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt auszugleichen: Einerseits sollen Arbeitsuchende möglichst schnell wieder in sozialversicherungspflichtige Jobs kommen. Andererseits sollen Unternehmen genügend Arbeitskräfte finden, um ihren Fachkräftebedarf zu decken.

Perfekt läuft es aber nirgends: In allen modernen Gesellschaften, auch in Deutschland, gibt es Menschen ohne Job. Das lässt sich nicht ganz vermeiden. Etwa weil sich Gesellschaft und Technik wandeln und bestimmte Berufe dadurch aussterben: in den letzten Jahren zum Beispiel der des Bergarbeiters. Seit einigen Jahren ist die Arbeitslosenquote in der Bundesrepublik gesunken und lag 2019 bei fünf Prozent. Durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie gibt es wieder mehr arbeitslose Menschen. Es wird allerdings erwartet, dass die Arbeitslosigkeit in den nächsten Jahren wieder sinkt.

Nicht allen Menschen ohne Job gelingt es, schnell und einfach ins Arbeitsleben zurück zu finden. Die Dauer der Arbeitslosigkeit schwankt stark je nach Alter und Qualifikation. Je länger Menschen ohne Arbeit sind, desto schwieriger wird meist ihre Situation. Denn sie verlieren mit der Zeit fachlich den Anschluss, wenn sie keine Möglichkeit zur Weiterbildung haben. Damit wird es auch schwieriger, einen neuen Job zu finden. Für viele Betroffene ist die seelische Belastung groß: Nicht nur die knappere Kasse kann schmerzhafte Veränderungen bedeuten. Manche entwickeln das Gefühl, weniger wert zu sein und von der Gesellschaft nicht gebraucht zu werden. Psychische Krankheiten wie Depressionen treten laut medizinischen Studien bei Arbeitslosen häufiger auf als bei Erwerbstätigen.

Mit Kurzarbeit durch die Krise

Wegfallende Aufträge und geschlossene Läden: Die Corona-Krise hatte heftige Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Viele Menschen hatten in ihren Betrieben plötzlich viel weniger Arbeit – oder in manchen Fällen auch gar keine Arbeit mehr. Regierung und Bundestag mussten schnell handeln. Deshalb wurde im Frühjahr 2020 das sogenannte Kurzarbeitergeld ausgeweitet. Kurzarbeit heißt, dass Arbeitgeber*innen die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten verringern dürfen. Allerdings nur in Absprache mit dem Betriebsrat oder falls es keinen Betriebsrat gibt, in Absprache mit den Beschäftigten selbst. Entsprechend sparen sie das Gehalt ein. Was den Mitarbeiter*innen so an Einkommen verlorengeht, übernimmt zu einem großen Teil die Bundesagentur für Arbeit. Dies gilt für alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, da das sogenannte Kurzarbeitergeld aus der Arbeitsförderung bezahlt wird.

Der Vorteil: Der Arbeitsplatz bleibt erhalten. Ist die Krise vorüber, können Unternehmen und Beschäftigte die Arbeit wieder voll aufnehmen. Dadurch hat der Arbeitsmarkt in Deutschland die Corona-Krise im internationalen Vergleich gut verkraftet. Die Industrieländerorganisation OECD sagt voraus, dass Deutschland schneller als andere Länder wieder so viele Beschäftigte wie vor der Corona-Pandemie haben wird.

1,6 Millionen Beschaeftigte

werden im Jahresdurchschnitt 2021 aus konjunkturellen Gründen in Kurzarbeit sein, schätzt das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung im April 2021. Besonders betroffen sind Beschäftigte im Gastgewerbe, Handel und anderen Dienstleistungsberufen. Der bisherige Höchststand wurde von der Bundesagentur für Arbeit im Mai 2020 verzeichnet. Sechs Millionen Beschäftigte erhielten in diesem Monat Kurzarbeitergeld.

Ursachen von Arbeitslosigkeit

Sucharbeitslosigkeit existiert, weil immer ein Teil der Arbeitskräfte auf der Suche nach anderen Arbeitsplätzen ist. Die Sucharbeitslosigkeit tritt bei einem Arbeitsplatzwechsel zwischen dem Ende der alten und der Aufnahme einer neuen Tätigkeit auf. Durch effiziente Arbeitsvermittlung wird versucht, Sucharbeitslosigkeit zu verkürzen.

Konjunkturelle Arbeitslosigkeit entsteht durch Schwankungen in der wirtschaftlichen Entwicklung. Wenn die Nachfrage an Produkten und Dienstleistungen zurückgeht, werden weniger Arbeitskräfte benötigt und von den Unternehmen entlassen. Bei einer positiven Entwicklung steigt die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen und es werden (wieder) mehr Arbeitskräfte eingestellt. Konjunkturelle Arbeitslosigkeit tritt daher kurz- und mittelfristig auf. Durch Maßnahmen wie das Kurzarbeitergeld soll diese Form der Arbeitslosigkeit vermieden werden.

Strukturelle Arbeitslosigkeit hat verschiedene Ursachen, die in längerfristigen Veränderungen der Wirtschaft und Gesellschaft liegen. So hat sich der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit verlagert, von der Industrie zur Dienstleistungswirtschaft. Auch technologische Entwicklungen (beispielsweise eine stärkere Nutzung erneuerbarer Energien und der damit verbundene Kohleausstieg oder die Digitalisierung, durch die Maschinen verschiedene Aufgaben übernehmen) führen dazu, dass insgesamt oder verstärkt in einzelnen Regionen bestimmte berufliche Tätigkeiten nicht mehr gefragt sind. Hier setzt die Arbeitsmarktpolitik aktiv an, in dem vor allem durch die gezielte Förderung von Weiterbildung und Qualifizierung der Entstehung von struktureller Arbeitslosigkeit vorgebeugt werden soll.
Saisonale Arbeitslosigkeit ist vor allem jahreszeitlich bedingt. Einige Tätigkeiten beispielsweise in der Landwirtschaft, auf dem Bau oder im Tourismus werden überwiegend im Sommer nachgefragt, so dass die Arbeitslosigkeit im Winter etwas höher liegt. Um jahreszeitlich bedingte Arbeitslosigkeit zu vermeiden, wird das Saison-Kurzarbeitergeld eingesetzt.

Wie viele Menschen sind arbeitslos?

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Datenstand Juni 2021

Das Arbeitslosengeld

Arbeitslosengeld: Hilfe aus der Sozialversicherung

Arbeitnehmer*innen, die ihren Job verlieren, erhalten Geld aus der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung. Die Mittel dafür stammen aus Beiträgen von Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen. Doch automatisch kommt das Geld nicht aufs Konto. Wer Arbeitslosengeld erhalten will, muss sich bei der Bundesagentur für Arbeit (BA)
melden und zwar schnell: Spätestens drei Monate vor Ende des Arbeitsverhältnisses.

Wer arbeitslos wird, erhält mit dem Arbeitslosengeld 60 Prozent seines vorherigen Nettolohns, mit Kindern sind es 67 Prozent. Auch Selbstständige, die vorher freiwillig Beiträge bezahlt haben, können Arbeitslosengeld bekommen.

Wie lange das Arbeitslosengeld fließt, hängt vom Alter ab und der Zeitspanne, in der Beiträge bezahlt wurden. Arbeitslose unter 50 Jahren können höchstens zwölf Monate Arbeitslosengeld beziehen. Für über 50-Jährige erhöht sich die Dauer stufenweise auf maximal 24 Monate.

  

Arbeitslosengeld II: Steuerfinanzierte Grundsicherung

Wer länger arbeitslos ist und nicht vom eigenen Vermögen - oder anderem Einkommen - leben kann, hat unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Die sogenannte Grundsicherung für Arbeitsuchende (umgangssprachlich auch „Hartz IV“) wird im Unterschied zum Arbeitslosengeld nicht aus Beiträgen, sondern aus Steuern finanziert. Bevor der Staat zahlt, gibt es eine Bedürftigkeitsprüfung. Zuerst müssen Betroffene ihr Vermögen für den Lebensunterhalt einsetzen. Je nach Alter des Empfängers bleibt ein bestimmter Betrag davon aber unangetastet.

Ab 1. Januar 2021 bekommen Alleinlebende und Alleinerziehende im Monat 446 Euro Grundsicherung. Ehe- oder Lebenspartner erhalten jeweils 401 Euro, Kinder und Jugendliche je nach Alter 283 bis 373 Euro. Auch die Kosten für die Unterkunft, das Heizen und die gesetzliche Kranken­- und Pflegeversicherung werden übernommen. Für bestimmte Personen wie Alleinerziehende und Schwangere gibt es zusätzlich monatliche sowie einmalige Hilfen – beispielsweise Geld für einen Kinderwagen oder Kleidung. Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 25. Lebensjahr haben Anspruch auf Leistungen des sogenannten Bildungspaketes (Leistungen für Bildung und Teilhabe).

„Als der Chef uns mitteilte, dass er unseren Betrieb schließen muss, war das ein ziemlicher Schock. Zum Glück wusste mein Kollege, dass man sich schon vor Beginn der Arbeitslosigkeit bei der Arbeitsagentur Hilfe holen kann. Ein Großteil meiner Bewerbungs- und Fahrtkosten zu den Vorstellungsgesprächen wurde übernommen. Beim fünften Vorstellungsgespräch hat es geklappt, sodass ich insgesamt nur sechs Wochen arbeitslos war.“ 
 

Stefan, 33, Kfz-Mechatroniker aus Eschwege